Eine rätselhafte Schrift an der Wand! Was hat das zu bedeuten? Kann Daniel helfen?
Meine Jahre vergehen. Nun lebe ich, Daniel, schon 20 Jahre in Babylon. Ich habe die ganze Zeit für den König Nebukadnezzar gearbeitet. Ich habe ihm von meinem unsichtbaren und lebendigen Gott erzählt. Immer wieder hat sich der König von ihm beeindrucken lassen. Das hat mich dann sehr gefreut. Doch nun ist Nebukadnezzar tot. Ich trauere um ihn. Gleichzeitig gibt es einen neuen König, Belschazzar, er ist der älteste Sohn von Nebukadnezzar. Er ist ganz anders als der alte König. Er hat nicht das Wohl des Volkes im Blick, sondern sein eigenes. Er feiert wilde Feste. Er kann die Menschen, die vor 20 Jahren als Gefangene aus Juda nach Babylon gekommen sind, nicht richtig leiden. Er findet, sie gehören eigentlich nicht dazu.
Meine Freunde, Hananja; Mischael und Asarja bedrängen mich. Belschazzar hatte ihnen ihr Amt, über die Provinz Babylonien zu herrschen, entzogen. Meine Freunde wollten jetzt, dass wir aufs Land ziehen, weg vom Königshof, weg von Belschazzar. Da meinen sie hätten wir mehr Sicherheit vor dem neuen König.
Doch ich will das nicht. Hat Gott uns nicht in all den Jahren begleitet, uns beschützt und aus der Gefahr gerettet. Und wenn wir gehen, was ist dann mit den vielen anderen, die mit uns aus Juda gekommen sind. Nein, wir müssen dableiben und sie ermutigen und immer wieder an unseren Gott und seine Stärke und Macht erinnern.
Ich konnte meine Freunde überzeugen, wir blieben in unserem Haus beim Königspalast und ich taten meinen Dienst, so gut das möglich war. Ich machte mich unsichtbar vor dem König und ging ihm aus dem Weg.
Nun war es seit Tagen, was sage ich, seit mehr als einer Woche, wieder furchtbar unruhig in unserem Königspalast. Die Dienerschaft bereitete ein riesiges Fest vor. Die Händler fuhren jeden Tag mit größeren Karren vor. Fleisch, Obst, Gemüse, Wein, alles wurde in den Palast geschafft. Die Küche dampfte und rauchte. Der Königssaal wurde mit Tischen und Stühlen hergerichtet. Feines Porzellan und Gläser wurden eingedeckt. Die Musikgruppe übte und die Tänzerinnen auch. Der ganze Palast war voller Erregung. Belschazzar hatte über 1000 Menschen eingeladen. Hohe Beamte, Hauptleute der Soldaten, Priester der Götter aus Stein, angesehene Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, alle von denen er sich Unterstützung erwartete.
Als der Abend kam, glänzte der Königspalast im Schein der Fackeln. Die Diener trugen schwer Platten mit Essen in den Königssaal und füllten die Krüge mit Wein. Auf den Schalen türmten sich Obst und süßes Gebäck.
Es dauerte nicht lange, da war das Gegröle der ersten Betrunkenen zu hören.
Ich hatte genug gesehen und gehört. Arbeiten konnte ich hier sowieso nicht mehr. Also ging ich nach Hause.
Das war gut so, wie mir am nächsten Tag erzählt wurde. Belschazzar hatte, betrunken wie er war, sich über unseren unsichtbaren und lebendigen Gott lustig gemacht. Und seine Gäste haben ihn darin unterstützt, sodass der König mitten in der Nacht den Schatzmeister holen ließ und anordnete: „Hole die Leuchter, die goldenen Becher und Schalen, die aus dem Tempel in Jerusalem sind, hier her. Los, mach schon, her mit den Schätzen aus Juda!“
Der völlig verängstigte Schatzmeister ließ alles bringen. Auf den Tisch musste er sie stellen lassen. Der König persönlich goss Wein in die Gefäße, einiges von dem Wein ging daneben, er war ja betrunken. Und dann hob er einen Becher hoch und lallte: „Hoch lebe der unsichtbare und angeblich lebendige Gott unserer Gefangenen. Kommt …. .“
Mitten im Satz hatte er aufgehört zu reden und starrte auf die Wand.
Es wird ganz still im Saal.
An der Wand stehen plötzlich große Buchstaben in einer fremden Schrift.
Der König sinkt in sich zusammen. Er starrt auf die Wand und flüstert: „Was hat das zu bedeuten? Wer kann das lesen?“
Keiner im Saal konnte das lesen. Also wurden die Gelehrten geweckt und in den Palast geholt. Keiner kann es lesen. Der König ist verzweifelt. Ärgerlich jagt er die Gelehrten hinaus. Viele Gäste gehen mit ihnen zusammen. Nur noch eine kleine Schar ist im Königssaal. Da hat die Mutter von Belschazzar eine gute Idee. „Lasst uns Daniel rufen!“, erklärte sie. „Daniel hat meinem Mann immer wieder gute Dienste geleistet. Er konnte Sachen, die keine Gelehrten aus Babylon konnten. Los, weckt ihn auf. Er soll kommen!“
Das alles erzählte man mir am nächsten Tag.
Doch bevor ich das erzählt bekommen habe, da wurde ich mitten in der Nacht geweckt, unsanft aus dem Schlaf gerissen. Ein Diener holte mich. Ich sollte sofort mit zum König. Also zog ich mich an und ging mit. Den Weg zum Palast nutzte ich, um still zu Gott zu beten und ihn um seine Unterstützung zu bitten.
Ich kam in den Königssaal und sah einen in sich zusammengesunkenen König. Es ist ganz still im Saal. Der König starrt an die Wand. Dann sprach er mich an: „Daniel, ich will dich beschenken und ehren, wenn du mir die Schrift an der Wand erklären kannst.“
Ich schaute mich um. Sah die Reste vom Fest, sah die heiligen Gefäße aus unserem Tempel in Jerusalem und dann sah ich die Schrift an der Wand:
MENE MENE TEKEL U-PHARSIN
Ich verstand sofort, was ich da las. Doch dem König musste ich das etwas ausführlicher erklären: „König, du hättest bei deinem Vater lernen können, wie unser unsichtbarer und lebendiger Gott ist. Dein Vater hat gelernt, ihn zu ehren. Damit war er ein erfolgreicher König und hat viel Gutes für sein Volk getan. Er ging fair mit uns Gefangenen aus Juda um. Wir konnten in Ruhe und Frieden leben. Seitdem du an der Macht bist, ist das anders. Du machst uns das Leben schwer. Und jetzt hast du auch noch die heiligen Gefäße aus unserem Tempel entweiht, sie zum Weintrinken missbraucht. Da hat dir Gott eine Nachricht gesandt: ‚ MENE MENE TEKEL U-PHARSIN‘. Hör zu, ich erkläre dir, was das bedeutet.
Mene: Die Tage deines Königreichs sind gezählt. Gott wird ihm ein Ende machen.
Tekel. Du bist auf die Waage gestellt worden und bist für zu leicht befunden worden.
U-Pharsin: Dein Königreich wird geteilt.“
Der König hat aufmerksam zugehört. Er rief die Diener, die ein purpurrotes Gewand für mich brachten und es mir umlegten, dazu eine goldene Kette. Und dann verkündigte der König: „Daniel ist von ab jetzt der drittmächtigste Mann in Babylonien!“
Müde ging ich nach Hause.
Am Morgen erzählte ich meinen Freunden von der Nacht. Wir waren froh, dass Gott Belschazzar diese Nachricht hat zukommen lassen. Wir hofften auf bessere Zeiten und sangen schon mal unser Lied vor lauter Erleichterung.
Danket, danket dem Herrn, denn er ist sehr freundlich, seine Güt und Wahrheit, währet ewiglich.
Als ich später in den Palast ging, erfuhr ich es sofort. Belschazzar ist tot. Ermordet.
Nächste Woche geht es um alles. Daniel wird in die Löwengrube geworfen. Da ist noch keiner lebendig herausgekommen.
Daniel 5 + Ps 118,1
7.10.2023