Wenn Amos träumt, dann redet Gott mit ihm.

Ich erzähle dir von Amos, dem Propheten, der in Gottesauftrag vom Südreich ins Nordreich gewandert ist. Er soll den Menschen den Spiegel vorhalten, ihnen sagen, was Gott an ihrem Verhalten nicht gefällt. Aber du kennst ihn ja schon.

Amos ist auf dem Weg nach Bet-El. Es ist eine Wallfahrt. In der Hauptstadt Samaria sind die Menschen aufgebrochen, um die etwas mehr als 60 km zu Fuß nach Bet-El zu wallfahren. Die Priester gehen voraus. Ihr Singspruch ist: "Sucht Bet-El auf. Versöhnt euch mit Gott!"

Amos weiß, nach Bet-El zu gehen, reicht nicht. Immer und immer wieder erklärt er den Menschen auf dem Weg, oder bei der Rast, oder abends, wenn sie übernachten: "So spricht der Herr: 'Sucht mich, so werdet ihr leben. Sucht nicht den Tempel in Bet-El auf. Sucht das Gute, nicht das Böse. So werdet ihr leben.'

Manche Menschen hören Amos Wort und nicken. Viele wollen sie erst gar nicht hören. Sie sind genervt. Amos bringt immer alles durcheinander. Auch diese schöne Wallfahrt. Natürlich wird Gott sich freuen, wenn sie nach Bet-El gelaufen sind und ihn dort anbeten. Er wird ihnen dann nachsehen, was sie an schlechten Dingen getan haben. So 'reingewaschen' werden sie wieder zurück in ihren Alltag gehen und ihr Leben leben, wie sie es gewohnt sind. Wie es für sie bequem ist und wie es ihnen noch mehr Reichtum einbringt als bisher.

Amos weiß genau, was im Kopf derjenigen los ist, die ihm nicht zuhören, die ihn anfauchen, wenn er zu sprechen beginnt, die ihn wegstoßen.

Es ist furchtbar für Amos. Er hat doch den Auftrag von Gott, die Menschen zu erreichen. Er muss doch was erreichen. Doch es scheint alles umsonst.

Die Tage sind für Amos anstrengend. Sehr anstrengen. Prophet sein ist ein schwerer Beruf, muss er erkennen.

Doch die Nächte von Amos sind mindestens genauso schlimm, vielleicht noch schlimmer. Nachts träumt Amos. Es sind Nachrichten von Gott. Nachrichten, die er an die Menschen im Nordreich weitersagen soll.

Wieder ist so eine Nacht. Amos hat einen Baum gefunden, unter dem er schlafen kann. Er wickelt sich in seinen Mantel und legt sich auf die Erde. Er als Hirte hat das schon viele Nächte so gemacht. Amos macht die Augen zu und schläft ein.

Und schon sieht er ein Bild in seinem Kopf. Ein Obstkorb. Gott fragt ihn: "Was siehst du, Amos?" Amos antwortet Gott: "Einen Korb mit reifem Obst." Das sagt Gott zu ihm: "Reif wie das Obst ist mein Volk für das Ende. Ich werde mein Volk nicht mehr verschonen!"

Da ist Amos wieder wach. Ja, er hat einen Obstkorb mit reifem Obst gesehen. Eigentlich war das Obst überreif. Es war schon an der einen oder anderen Stelle aufgeplatzt. Es hatte schon braune Stelle. Diesen Obstkorb konnte man keinem mehr anbieten. Vielleicht konnte man die Früchte noch ausschneiden und Marmelade daraus kochen, doch die Früchte essen würde keiner mehr wollen.

Und Gott vergleicht sein Volk mit so einem Obstkorb.

Amos stöhnte und fragte sich: "Was soll ich noch unternehmen, dass sie mich endlich hören?" Wieder wickelte er den Mantel um sich. Wieder schließt er die Augen. Morgen, ja morgen wird er wieder zu den Menschen reden. Er wird ihnen von dem Obstkorb und von Gottes Plänen erzählen.

Amos gibt sich am nächsten Tag noch mehr Mühe. Doch wieder sind es die einfachen Menschen, die das Wort von Gott verstehen. Doch die Reichen, die Mächtigen, die Priester, die die singen, all die wollen nichts hören von ihm.

Wieder kommt eine Nacht. Wieder kommen Träume. Diesmal steht Amos in einem Verkaufsraum für Getreide. Er lässt sich das Gefäß zeigen, mit dem das Getreide abgemessen wird. Amos schaut genau hin, dann erkennt er es. Äußerlich ist das Gefäß in Ordnung. Doch innen ist ein doppelter Boden eingebaut. Es passt viel weniger Getreide hinein als man vermutet. Amos beschwert sich. Da wacht er auf. Ja, so ist es, denkt er und erinnert sich an eigene Erfahrungen.

Dann hört er Gottes Wort: "Niemals werde ich vergessen, was sie getan haben. Es muss die ganze Erde beben. Wenn der Tag des Gerichts kommt, werde ich, euer Gott, es am helllichten Tag dunkel werden lassen. Ich werde euere Feste in Trauerfeiern verwandeln. Ihr werdet verzweifelt sein. Am Ende ist es ein ganz bitterer Tag für euch. Und ihr werdet Hunger und Durst haben, doch viel größer wird euer Hunger nach Gottes Wort sein."

"Ach", denkt Amos, "wenn die Menschen nur schon jetzt Hunger nach dem Wort Gottes hätten?" Wieder muss Amos stöhnen.

Was soll er denn noch machen? Hat er nicht schon alles probiert, um die Menschen zu erreichen. Morgen werden sie in Bet-El ankommen.

Da gibt es wieder Priester und Propheten an dem Heiligtum. Vielleicht hören die ja auf Gott. Vielleicht findet er da Menschen, die sich auf seine Seite stellen, auf die Seite von Gott. Menschen, die wahre Worte sprechen und nicht das sagen, was das Volk hören will. Amos hofft es so sehr, und gleichzeitig weiß er: so wird es wohl nicht sein.

Erschöpft schläft er wieder ein.

Nächste Woche hat Amos Bet-El erreicht. Er ist nicht willkommen und wird nicht geduldet. War alles umsonst?

Amos 8, 1-13

10.2.2024

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Amos in Bet-El - war alles umsonst?

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Was rät Amos? Das Heiligtum Bet-El besuchen, oder doch lieber Gott suchen?