Jesus wird verhaftet. Auch ein Urteil wird gefällt.

Darf ich mich vorstellen? Ich bin ein Soldat. Nein, kein Soldat der Römer, keiner, der für den römischen Kaiser arbeitet. Ich arbeite für die führenden Priester, die Ratsältesten und die Schriftgelehrten. Mein Chef ist der Hohepriester. Ich stehe auf der Seite der Juden, der Religion in Israel. Meine Aufgabe ist eigentlich eine geruhsame Aufgabe. Wachdienste im Tempel. Da gibt es wenig zu tun. Sind zu viele Bettler an den Eingängen, muss ich ein paar verscheuchen, dass die Leute wieder besser rein- und rauskommen. Manchmal gibt es auch selbsternannte Propheten, die im Tempel über Gott Sachen erzählen, die unseren Priestern nicht gefallen. Dann sind wir Soldaten auch gefragt. Wenn wir da zu 4. oder 6. auftreten und den Menschen aus dem Tempel begleiten, ist da schnell wieder Ruhe. Na ja, wenn sich die obersten der Frommen treffen, dann sind wir auch dabei. Das macht ein schönes Bild und alle fühlen sich sicher. Jetzt hast du eine Ahnung, wie mein Soldaten-Leben so ausschaut.

Heute Abend allerdings ist es anders. Heute haben wir einen Spezialeinsatz. So kurz vor dem Passahfest ist da keiner erfreut. Wir haben schon sowieso einen engen Dienstplan, es kommen ja viele Leute zum Fest in den Tempel und wir Soldaten müssen mehr sein als sonst. Eigentlich hatten wir heute einen ruhigen Abend, doch dann ganz plötzlich: "Einsatz! Heute Abend im Garten Gethsemane, nach Einbruch der Dunkelheit. Ein Zivilist zeigt uns den Weg." Also, was hilft es. Rein in die Uniform, die Waffen geholt. Wir haben Schwerter oder auch Knüppel, ja und Fackeln sind in der Nacht auch wichtig. Dann warteten wir, bis der Mensch kommt, der uns den Weg zeigen soll. Dann ging los. Der Zivilist kam, Judas war sein Name, er tuschelte mit unserem Anführer. Wir bekamen mitgeteilt: "Wenn dieser Mann, Judas, jemanden küsst, ist das für euch das Zeichen, dieser Mensch gehört verhaftet."

Wir gingen los. So wie wir es gelernt haben. Immer schön in Zweierreihe, ordentlich hintereinander. Die Fackeln hatten wir angezündet. Wir gingen in den Garten Gethsemane. Das ist ein besonderer Ort mit seinen alten Olivenbäumen. Die Fackeln konnten wir gut gebrauchen. Die Bäume machten die Nacht dunkel. Dann sahen wir eine Gruppe Menschen. Judas ging zielgerichtet auf einen Mann zu. Er sprach ihn an: "Rabbi!", dann küsste er ihn. Wir packten den Mann und nahmen ihn fest.

Der Mann sah uns verwundert an: "Mit Schwertern oder auch Knüppeln seid ihr ausgerückt, um mich gefangen zu nehmen. Bin ich denn ein Verbrecher? Tagtäglich war ich doch im Tempel und habe den Menschen von Gott erzählt. Da hättet ihr mich doch ohne großen Aufwand festnehmen können."

Jetzt erkannte ich den Mann. Jesus war sein Name. Wirklich, der war immer wieder im Tempel. Tatsächlich hätte man ihn da einfach zur Seite nehmen können und ihn verhaften können, ohne großen Aufwand.

Doch Jesus sprach weiter: "Das alles muss geschehen, damit das in Erfüllung geht, was in der Heiligen Schrift steht."

"Wie? Über diesen Jesus steht was in der Heiligen Schrift? Das habe ich noch nicht gehört, aber ich bin ja auch kein Schriftgelehrter. Und wenn was über diesen Jesus in der Heiligen Schrift steht, warum verhaften wir ihn dann?" Solche Gedanken gingen mir durch den Kopf, als wir Jesus in das Haus des Hohepriesters brachten. Die Menschen, die bei seiner Verhaftung noch bei ihm standen, waren in der Dunkelheit alle verschwunden.

Dann begannen die Verhandlungen im Haus. Einige von uns konnten sich zurückziehen ich und ein paar andere mussten anwesend bleiben.

Es wurde ein zäher Abend. Das Ziel war, einen Grund zu finden, Jesus zu verhaften und ihn, irgendwie, über das Passahfest einzusperren oder gar zum Tode zu verurteilen.

Das gab es schon Menschen, die gegen ihn aussagten. Die einen sagten, er wolle den Tempel einreißen und in drei Tagen wieder aufbauen und vieles andere mehr. Das Problem war. Der eine Zeuge sagte so, der andere Zeuge sagte es etwas anders. Nach unserem Recht braucht es aber zwei Zeugen, die übereinstimmend aussagen. Die fanden sich an dem Abend leider nicht. Wieder und wieder wurde gefragt und geantwortet. Es zog sich hin.

Der Hohepriester wurde auch ungeduldig und sprach Jesus direkt an: "Was sagst du denn dazu, was die Menschen hier gegen dich erzählen?"

Doch Jesus schwieg. Er sagte einfach nichts und schaute vor sich hin.

Das reizte den Hohepriester. Also fragte er noch direkter: "Bist du der Christus, der Sohn unseres Gottes, den wir verehren?"

Da schaute Jesus ihn an: "Du sagst es. Ich bin es!"

Es war mucksmäuschenstill im Raum. Es schien als würden die Menschen die Luft anhalten.

Der Hohepriester reagierte als Erstes. Er zerriss sein Gewand. Dann war er ganz in seinem Element: "Wozu brauchen wir Zeugen? Ihr alle hier habt es gehört. Das ist Gotteslästerung! Wie lautet euer Urteil?"

Das Urteil war jetzt schnell gefunden. Alle stimmen einstimmig dafür, dass Jesus schuldig ist und sterben muss. Gotteslästerung kann nicht anders bestraft werden.

Dann brach ein kleiner Tumult aus. Die Anspannung der letzten Stunden suchte sich ein Ventil. Einige meiner Kameraden fingen an Jesu zu bespucken. Sie warfen ihm ein Tuch über den Kopf und schlugen ihn mit Fäusten. Dann fragten sie ihn: "Na, du Gottessohn, du Christus, wer hat dich denn gerade geschlagen? Sag es doch, du musst es doch wissen?"

Ich hielt mich zurück. Sowas ist nicht mein Ding. Ich wollte jetzt endlich Dienstschluss haben und noch ein paar Stunden schlafen. Ob das heute Nacht noch was werden wird, ist fraglich. Wir hatten ja einen Gefangenen, der vom jüdischen Rat zum Tode verurteilt worden war.

Nächste Woche erzählt der Soldat, wie es mit Jesus weiterging.

Mk 14, 43-46 + 48-50 + 53-65

9.3.2024

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König der Juden! Die römischen Soldaten verhöhnen Jesus.

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Trotz Gemeinschaft, einsam.