Esters Cousin, Mordechai, bewahrt den König vor dem Tod und wird dafür von Haman geehrt. Doch Mordechai hat ein seltsames Gefühl.

 Du kennst mich ja schon, ich bin Ester, die Königin am persischen Königshof. Ich bin Jüdin, doch das ist mein Geheimnis. Mein Cousin Mordechai erinnert mich immer wieder daran.

Ich lebe in einer aufregenden Zeit.

Zunächst kam eines Tages Mordechai in die königlichen Gärten und verlangte mich zu sprechen. So ist er eigentlich nicht. Normalerweise schickt er mir eine Nachricht über eine Dienerin und ich sage ihm dann, wann und wie wir uns sehen können. Doch diesmal stand er in den Gärten und verlangte aufgeregt nach mir. Eine Dienerin kam in mein Zimmer und erzählte mir von der Aufregung im Garten. Ich schüttelte den Kopf. Was ist in Mordechai gefahren, dass er so mit mir, der Königin, umgeht?

Weil es so gar nicht zu seinem sonstigen Verhalten passte, stand ich seufzend auf und ging, gemessenen Schrittes, in den Garten. Da saß mein Cousin auf einer Bank. Er hatte einen roten Kopf. Ist er hier hergerannt?

Ich begrüßte ihn und fragte ihn, was sein Verhalten zu bedeuten hat. Mordechai stand auf, verneigte sich vor mir und sah sich unsicher um. „Lass uns ein Stückchen gehen“, sagte er dann. Wir schlenderten durch die Blumenbeete und an den Brunnen vorbei, dabei blieben wir schön im Schatten der Bäume. Nach dem Mordechai etwas zur Ruhe gefunden hatte, begann er zu erzählen: „Ester, der König Ahasveros ist in sehr, sehr großer Gefahr. Du weißt ja, dass ich am Königstor meinen Dienst versehe und da habe ich mitbekommen, wie zwei weitere, hoch angesehene Diener der Palastwache miteinander lautstark stritten. Es ging um den König. Sie, sie“, Mordechai, holte noch einmal tief Luft und dann spuckte er den Satz aus: „Sie wollen den König ermorden. Umbringen wollen sie ihn.“

Ich glaubte nicht, was ich da hörte. „Umbringen? Wieso? Männer von der Palastwache? Die sollen doch für unsere Sicherheit sorgen.“ Ich schüttelte den Kopf.

Doch Mordechai redete wie wild auf mich ein: „Ester, du musst was unternehmen. Ich kann nicht zum König gehen und diese Geschichte erzählen. Dazu ist meine Stellung viel zu niedrig. Doch bis ich jemanden finde, der das dem König erzählen kann, das dauert. Ester, du musst das dem König erzählen. Noch heute!“

Mordechai drehte sich um und verließ mit eiligen Schritten den königlichen Garten. Ich stand da und musste erst mal nachdenken. Der König soll umgebracht werden? Ich soll ihn so schnell wie möglich informieren. Das denkt sich Mordechai so einfach. Es ist nicht möglich, dass ich mal eben zum König spaziere und sage: „Du, ich muss dir was sagen …“

Ich ging zurück zu meinen Dienerinnen. Ich fragte sie, wie ich es erreichen könnte, den König ganz kurzfristig zu sprechen. Wir überlegten hin und her und dann hatten wir einen Plan entwickelt. Ein hoher Herr, der eng mit dem König zusammenarbeitet, hat engeren Kontakt zu einer meiner Dienerinnen. Na, das sollte ja eigentlich nicht sein, aber jetzt war es vielleicht ganz praktisch. Also ging über diese geheime Verbindung eine Nachricht an den hohen Herrn, dass ich Ahasveros unbedingt sprechen möchte. Was dem König erzählt wurde - ich habe keine Ahnung. Doch abends kam die Nachricht: „Der König will die Königin sehen.“

Darauf hatte ich gewartet. Ich hatte mich schon schön zurechtgemacht und ging dann sofort zum König. Ich bedankte mich, dass er mich sehen wollte und sprach noch weitere nette Worte. Doch dann sah mich der König an und sagte: „Ester, du schaust aus als hättest du Sorgen.“ Was war ich froh über diesen Satz! Jetzt konnte ich meine Geschichte erzählen. Ich erzählte von Mordechai und dem, was er am Königstor gehört hatte. Ahasveros sah mich ernst an: „Das muss ich sofort untersuchen lassen!“, sagte er und verabschiedete sich.

Da stand ich nun alleine in den königlichen Gemächern und wartete noch eine Weile. Doch der König kam nicht mehr. Ich hörte einige Schritte in den Gängen, aufgeregtes Getuschel.

Ich ging zurück zu meinen Räumen.

Ein paar Tage später erzählten die Dienerinnen aufgeregt, dass zwei Männer der Palastwache erhängt worden sind. Ich konnte erleichtert aufatmen. Der König war nicht mehr in Gefahr!

Auch von meinem Cousin Mordechai bekam ich die Nachricht, dass die richtigen Männer getötet wurden.

Es vergingen einige Wochen als Mordechai und ich, uns wieder mal in den Gärten trafen. Mordechai war sehr gut gelaunt. Der König hat ihn auszeichnen lassen. Eines Tages kam Haman – der höchste Herr unter dem König am Königshof – und brachte ein königliches Pferd, ein königliches Gewand und königlichen Kopfschmuck. Alles für Mordechai. Mordechai musste das Gewand anziehen, den Kopfschmuck aufsetzen und auf das Pferd steigen. Dann gab es einen Ritt über einen der großen Plätze in der Stadt und dazu wurde immer wieder gerufen: „Das geschieht mit dem Mann, den der König auszeichnet!“

Mordechai hat sich sehr darüber gefreut und doch sah ich ihm an, dass da noch was anderes war. Also fragte ich nach: „Mordechai, aber so richtig glücklich bist du trotzdem nicht?“ Mordechai sah mich an: „Nein, so richtig glücklich bin ich nicht. Dieser Haman der hat mir nicht gefallen. Dem habe ich angesehen, dass er mir den ganzen Zauber nicht gönnt; dass er furchtbar eifersüchtig ist. Und, ich kann es nicht belegten, ich glaube, er mag keine Juden.“

Das erschreckte mich doch sehr. Haman ist hier wirklich der wichtigste Mann gleich nach dem König. Ich finde ihn eingebildet. Wie er immer darauf großen Wert legt, dass alles sich vor ihm tief verbeugen. Nun ja, was hilft es, er hat sehr, sehr viel Macht.

Um Mardechai etwas zu ermutigen, erinnerte ich ihn an meinen Lieblingsspruch aus den Psalmen: Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir.

Das ist unser besonderer Schutz von Gott.

Und nächst Woche gibt es wieder eine große Aufregung am Königshof, selbst ich bin in Gefahr.

Ester 2,19 - 23 + 6,1-13 + Ps 139,5

18.2.2023

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Es geht um Leben und Tod. Schafft es Hamas die Juden im Persischen Reich zu vernichten, oder kann Ester sie retten?

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Ester, ein Waisenmädchen, wird Königin von Persien.