Am Barbaratag wird ein Zweig von Büschen oder Bäumen geschnitten und in einer Das ins Warme gestellt. Nele weiß warum man das macht und erzählt es ihrer Familie.

Mei, ist das grau da draußen. Es ist Samstag und Nele drückt sich die Nase am Fenster platt. Grau, nichts als grau. Grauer Himmel, graue Straße, graue Häuser, graue Menschen.

Na ja, wenn Nele ganz genau hinschaut, dann sieht sie auch ein bisschen Licht. Einen Adventskranz auf einem Esstisch. Ein Stern der durch ein Fenster leuchtet. Ein beleuchteter Christbaum vor einem Ladengeschäft.

Doch Nele sieht eigentlich nur das Grau. Sie hat keine Lust was zu spielen, auch zum Basteln fehlen ihr die Ideen. In ihrem Kopf ist alles grau.

Da kann nur noch die Mama in der Küche helfen. Da schlurft Nele nun hin.

„Mama, mir ist so langweilig. Mir fällt nichts ein. Wenn ich aus dem Fenster schaue, ist alles grau, grau, grau“, mault Nele, in der Küche angekommen.

Die Mama sieht auf, streicht sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und meint: „Na, dann kannst du mir ja helfen. Es gibt noch so viel zu tun bis Weihnachten. Heute will ich Stollen backen.“ „Stollen backen?“, Neles Stimme klingt schon gleich viel lebendiger. Und dann sieht sie es auch, Mamas dickes Rezeptbuch liegt auf dem Küchentisch und die Küchenmaschine ist aufgebaut. Da kann es hinter den Fensterscheiben grau sein, backen macht Nele immer Freude.

„Was kann ich machen?“, fragt sie begeistert. „Wieg du einstweilen mal die Mandeln ab. Wir backen zwei Christstollen, da brauchen wir 200 g.“ Wiegen kann Nele schon und die Mandeln stehen auf dem Tisch. Also das ist ganz einfach. Nach dem Wiegen werden die Mandeln mit der Küchenmaschine fein gemahlen und dann zur Seite gestellt. Nun muss das Mehl abgewogen werden, 1 kg. Es geht weiter mit Rosinen, Zitronat und Orangeat, Butter. Alles wiegt Nele ab und stellt es in kleinen Schüsselchen bereit. Dann wird es kniffelig. Mama bereitet aus etwas Mehl, Hefe, Honig und warmer Milch einen Hefeteig zu. Da muss die Küchentür zubleiben, kalte Luft mag so ein Teig nicht.

Dann kommt der Vorteig, das restliche Mehl und alle anderen Zutaten und auch die weihnachtlichen Gewürze in die Küchenmaschine und mit reichlich Lärm knetet die daraus den Teig. Es dauert eine kleine Weile, doch dann sieht man es schon, der Teig wird schön locker. So soll es sein. Jetzt darf Nele zwei Bleche mit Packpapier auslegen und Mama formt zwei schöne Stollen. Ab damit in den Ofen. Gemeinsam räumen sie die Spülmaschine ein und schon ist die Küche wieder ordentlich und aus dem Backofen kann man schon ein wenig Weihnachtsstollen riechen. Nele ist glücklich und zufrieden. Das war ein schöner Vormittag.

Das graue Wetter da draußen hat sie ganz vergessen.

Und dann fällt ihr ein, sie muss ja noch für die Schule einen Barbarazweig malen.

„Mama, wie male ich einen Barbarazweig?“, fragt sie also.

„Einen Barbarazweig? Lass mich nachdenken!“, sagt Mama. „Das kommt ganz darauf an, was es für ein Busch oder Baum ist, von dem der Barbarazweig abgeschnitten ist. Ist es ein Forsythienzweig, dann hat er gelbe Blüten. Ist es ein Zweig von einem Apfelbaum, dann sind die Blüten rosa und weiß, und ist es ein Zweig von einem Kirschbaum, dann sind die Blüten weiß mit etwas rosa.“

Nele hat aufmerksam zugehört. „Weiß mit etwas rosa, das ist mir zu schwer zum Malen, ich male gelb, das geht gut. Also einen Forsythienzweig!“, sagt sie.

Sie kommt mit dem Heft und den Buntstiften in die Küche an den Esstisch. Hier riecht es ja auch so lecker und warm ist es durch den warmen Backofen auch. Mit Hingabe malt sie ihren Barbarazweig.

Als sie fertig ist, fragt sie die Mama, die das Mittagessen kocht: „Du, können wir auch so einen Barbarazweig bei uns zu Hause haben?“. „Klar!“, sagt die Mama, „Da wissen wir doch schon, was wir morgen Nachmittag machen.“

„Wir gehen Barbarazweige holen!“, strahlt Nele. Sie freut sich.

Als Papa und Paul von ihrer Einkaufstour zurück sind. Erzählt ihnen Nele gleich ganz aufgeregt: „Morgen gehen wir Barbarazweige holen. Ich freue mich so!“

„Barbarazweige?“, fragt der Papa, „Was ist das denn?“

„Na Zweige von Büschen oder Bäumen, die man abschneidet und in eine Vase steckt“, erklärt Nele.

„Mitten im Winter?“, Papa schaut ungläubig drein.

Jetzt mischt sich die Mutter ein: „Sag bloß, du kennst diesen Brauch nicht?“

Papa schüttelt den Kopf: „Barbarazweig, das sagt mir nichts.“

„Soll ich es dir erklären?“, fragt Nele.

„Klar!“, sagt Papa, „doch lasst uns erst gemeinsam essen. Paul und ich sind hungrig und freuen uns auf die warme Suppe, da draußen ist es kalt, nass und grau.“

Also räumt Nele ihre Schulsachen vom Tisch und gemeinsam werden Teller und Löffel aufgedeckt. Auch Paul kann da schon helfen.

Mit Appetit essen sie die Suppe und loben die Mama, wie gut sie gekocht hat.

Dann sind sie alle fertig und Nele darf erzählen:

„Das war vor langer Zeit, ich glaube im 3. Jahrhundert nach Christus, da lebt eine junge Frau, die Barbara, die wollte unbedingt Christin werden. Doch ihr Vater erlaubte es nicht. Als der Vater mal ein paar Tage unterwegs war, setzte Barbara ihren Plan Christin zu werden in die Tat um. Sie ließ sich taufen. Doch schon bald erfuhr der Vater davon. Er war sehr, sehr aufgebracht. Er zerrte sie vor Gericht. Das Gericht verurteilte sie zum Tode. Als Barbara auf dem Weg ins Gefängnis war, blieb sie an einem Strauch hängen und ein Zweiglein verheddertet sich in ihrem Rock. Im Gefängnis angekommen, bemerkte sie das. Sie befreite den Zweig aus dem Stoff und stellte ihn in ein mit Wasser gefülltes Gefäß. Tag für Tag konnte sie beobachten, wie die kleinen Knospen an dem Zweig wuchsen, sie wurden größer und praller. Und am Tag, an dem das Todesurteil vollstreckt werden sollte, da brachen die Blüten am Zweig auf.

Und heute schneidet man am 4. Dezember, dem Todestag von Barbara, Zweige ab und stellt sie in eine Vase, in einen warmen Raum. Dann sollen diese Zweige am 24. Dezember blühen, genau zum Heiligen Abend.“

Nele hat lange erzählt. Alle, sogar Paul, haben zugehört.

„Ja“, sagt die Mutter:  "und dieses Jahr probieren wir das aus. Morgen gehen wir über die Felder und schauen nach Büschen und Bäumen, da werden wir schon passende Zweige finden. Nur so zwei oder drei.“

„So machen wir das!“, sagt der Vater. Das ist doch schön, wenn man sich schon ein wenig Frühling mitten in das Wintergrau holen kann. Ich bin schon gespannt.“

„Wo hast du das eigentlich gelernt, Nele?“, fragt der Vater.

„Na, in Religion“, sagt Nele.

„Hat das, was mit der Bibel zu tun?“, fragt der Vater die Mutter.

Die Mutter denkt einen Augenblick nach: „Ich glaube schon.“

Dann geht sie ins Wohnzimmer und holt die große rote Bibel. „Ich schaue mal nach, ich glaube bei dem Propheten Jesaja steht was von einem Zweig.“

Mama blättert in der Bibel, dann hat sie es gefunden: „Aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Spross hervor. Ein Trieb aus seiner Wurzel bringt neue Frucht. Auf ihm ruht der Geist Gottes: Der schenkt ihm Weisheit und Einsicht, Rat und Stärke, Erkenntnis und Ehrfurcht von Gott.“

„So wie Jesus, der Gottessohn zu Weihnachten geboren wird, so blüht der Zweig auf, hoffentlich bei uns auch. Dann kann man mit eigenen Augen sehen, an Weihnachten fängt etwas Neues an. Etwas sehr Schönes, etwas Zartes, wie dies Blüten.“, Mama klappt die Bibel wieder zu. Die Uhr vom Backofen piepst. Der Stollen ist fertig.

„Leute, ich brauche nun Platz am Küchentisch. Der Stollen muss fertiggestellt werden. Räumt mal die Teller und das Besteck zusammen. Nele, trage bitte die Bibel wieder ins Wohnzimmer. Und Nele, hilfst du mir nochmals?“

„Klar!“, sagt Nele, flitzt ins Wohnzimmer, um dann noch beim Stollen zu helfen.

Und nächste Woche geht es um den Nikolaus.

Jes 11,1

3.12.2022

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Der Heilige Nikolaus schenkt einem armen Adeligen und seinen drei Töchtern Gold. Und er rettet die Menschen von Myra vor dem Hungertod.

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Mama, Oma und Nele binden Adventskränze. Da hat Nele viele Fragen.