Der Diener Amon macht sich mit seinem Sternengelehrten Melchior auf den Weg. Sie folgen einem besonderen Stern.

Seit einigen Tagen schon ist mein Herr, Melchior, ganz unruhig. Wenn ich genauer überlege, sind es nicht Tage, sondern Nächte. Melchior ist ein Sternengelehrter und in den letzten Nächten hat er seinen Blick nicht vom Himmel wenden können. Ich kenn mich da ja nicht so gut aus, aber was ich dem Gemurmel von Melchior entnehmen kann, gibt es einen neuen, besonderen Stern am Himmel. Einen, der alles überstrahlt.

Tagsüber vergräbt sich Melchior in seine Bücher. Er will herausbekommen, ob die alten Schriften etwas über diesen besonderen Stern erzählen. Eines weiß ich ganz sicher. Wir stellen uns das hier so vor, dass wenn ein Mensch geboren wird, dass dann ein neuer Stern am Himmel aufgeht, und wenn ein Mensch stirbt, dann erlischt ein Stern am Himmel.

Und dann steht eines Abends Melchior vor mir und sagt: „Wir brechen auf! Amon pack alles ein, was wir für eine ungewisse und vielleicht auch lange Reise brauchen. In zwei Tagen geht es los. Davor werden wir noch einmal ordentlich schlafen. Ausgeruht muss man an solch ein Abenteuer herangehen!“

Na, das hat mich ja fast umgehauen. Ein Abenteuer, eine Reise ins Ungewisse. Spannend und sicherlich viel Arbeit für mich.

Ach, ich habe ja ganz vergessen mich vorzustellen. Ich bin Amon, der Diener von Melchior. Amon heißt in unserer Sprache: der Treue. Und treu bin ich. Seit ich denken kann bin ich der treue Helfer für Melchior. Ich mache alles für ihn. Kochen, putzen, aufräumen, Gewänder waschen und flicken, Bücher hin und her räumen, einkaufen, frisches Wasser am Brunnen holen. Und noch vieles mehr.

Doch eine Reise mit ihm habe ich noch nicht gemacht.

Was wir da wohl alles brauchen? Ein Reittier, am besten ein Kamel, das hält auch bei großer Hitze durch und braucht nicht ständig frisches Wasser. Wasser ist ein gutes Stichwort. Wir brauchen Lederschläuche für uns, damit wir ausreichend Wasser dabeihaben. Da muss ich auf jeden Fall noch welche besorgen. Zwei Tage sind wenig Zeit für all die Vorbereitungen. Und ausschlafen soll ich auch noch. Ich kann ja vor lauter Aufregung gar nicht einschlafen.

Also es waren zwei volle Tage. Für jeden von uns habe ich ein Gewand zum Wechseln eingepackt, eine Decke zum Schlafen, die Wasserschläuche. Ein Bündel mit Brot und Käse und geräuchertem Fleisch, habe ich für die ersten Tage gerichtet. Stangen und Decken für ein Schlaflager oder ein Schattenlager. Ein Buch wollte Melchior noch mitnehmen und natürlich seine Linse, mit der er besser in den Himmel schauen konnte.

Und dann war es so weit. Wir machten uns auf den Weg. Du kannst dir das vielleicht nicht vorstellen, doch unser Wegweiser war der besondere Stern. Jeden Abend, wenn es dunkel wurde und die Sterne zu leuchten begannen, dann kontrollierte Melchior, ob wir noch in der richtigen Richtung unterwegs waren.

Manchmal waren wir falsch, das ärgerte dann den Melchior, weil wir so ja nicht so recht vorankamen. Doch tagsüber, wenn wir reisten, konnte man ja die Sterne nicht sehen.

Wir waren schon eine ganze Weile unterwegs, da trafen wir noch einen Sternengelehrten, Caspar hieß er. Melchior und Caspar konnten gar nicht aufhören sich miteinander zu unterhalten. Auch Caspar hat diesen besonderen, hellen Stern gesehen. Auch er hat sich auf den Weg gemacht. Auch er wollte unbedingt herausbekommen, was für eine Nachricht hinter dem Stern verborgen war.

Du wirst es mir kaum glauben, nur wenige Tage später waren wir zu dritt unterwegs. Balthasar kam noch dazu. Auch er kannte sich mit Sternen aus. Auch er hatte den besonderen Stern entdeckt und auch er folgte seiner Spur.

Wenn wir jetzt durch Dörfer oder Städte kamen, dann waren wir ein ungewöhnlicher Anblick für die Menschen. Große Reittiere, drei besondere Herren, etwas orientalisch angezogen. Und man sah uns an, dass wir aus ganz unterschiedlichen Regionen der Erde kamen. Eine bunte Mischung, sozusagen.

Immer wieder wurden wir gefragt, wohin wir wollten.

Immer wieder antworteten wir, dass wir einen besonderen Stern am Himmel entdeckt haben und dass wir annehmen, dass ein besonderes Kind geboren wurde oder wird.

Wenn sich Caspar, Melchior und Balthasar abends am Feuer unterhielten, dann wurden sie von Tag zu Tag sicherer, dass dieser Stern auf einen mächtigen Menschen hinweist. Wohl auf einen König!

Und wo werden junge Könige geboren? Na, ganz einfach, in einem Königshaus.

Meine drei Sternengelehrten wurden immer sicherer, der neue König musste in Israel geboren werden. Das sagte der Stern Nacht für Nacht immer deutlicher aus.

Und jetzt hatten die drei einen Plan. Sie wollten nach Jerusalem, der Hauptstadt vom Israel reisen. Dem dortigen König wollten sie einen Besuch abstatten. Da hofften sie den Grund für den Stern zu finden. Ein Königskind!

Nun das beschäftigte alles Melchor, Caspar und Balthasar.

Mich beschäftigten die Sternengelehrten. Ich hatte nun auf einmal viel mehr zu arbeiten. Alleine, immer die Wasserschläuche für alle auffüllen, wenn wir auf einen Brunnen trafen. Auch wenn wir mit unseren Kamelen Tiere hatten, die wenig Wasser brauchten, auch die mussten irgendwann mal getränkt werden. Und nicht jedes Dorf hatte eine Übernachtungsmöglichkeit oder ein Gasthaus. Oft mussten wir uns selber verpflegen. Ich hatte einen großen Topf gekauft, der dann über unser abendliches Feuer gehängt wurde, da konnte ich immer wieder mal einen sättigenden Eintopf kochen. Das Gemüse dazu kaufte ich bei Bauern oder auf den kleinen Marktplätzen unterwegs.

Ja und dann, dann sah man schon die große Stadt Jerusalem. Sie liegt ja auf einem Berg. So war sie gut sichtbar.

Wir wurden alle ganz aufgeregt. Bald sind wir am Ziel unserer Reise. Was es wohl für eine Entdeckung gibt.

Und nächste Woche, erzähle ich Amon, wie wir am Königshof bei König Herodes in Jerusalem ankommen. Ob wir wohl am Ziel unserer Reise sind?

 Mt 2,1b-2

17.12.2022

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Erfolgloser Besuch am Königshof in Jerusalem. Der Stern steht über dem Stall in Bethlehem. Da ist das königliche Kind geboren.

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