Nele denkt über die Jahreslosung 2023 “Du bist ein Gott, der mich sieht.”, nach

Nele war mit dem Zug unterwegs. Das macht sie eher selten. Natürlich ist dann alles besonders aufregend. Und wenn Nele aufgeregt ist, dann muss sie mehr reden als sonst. Also schnatterte sie aufgeregt vor sich hin. Sie war mit der Oma unterwegs. Also erzählte sie der Oma alles, was man aus dem Fenster erkennen konnte. „Schau mal, da sind Windräder. Die drehen sich gar nicht. Und dort, Oma, sind Rehe. Erkennst du sie? Und dahinten ist ein Stau auf der Straße. Uhj, sogar ein Blaulicht-Auto ist unterwegs….“ So ging es die ganze Zeit. Oma war eher kurz angebunden. „Ja, sehe ich. Das ist aber weit weg. Usw.“

Und dann nach einer Weile: „Nele, kannst du mal bitte etwas ruhiger sein, die Leute schauen doch schon alle nach uns. Wir sind ja hier nicht alleine im Zug.“

Nele zieht die Stirn kraus. Ruhig sein? Wo es doch so viel zu sehen gibt.

Sie steht auf, geht mit zwei Schritten in den Gang und schaut. „Oma, hier schaut keiner nach uns!“, stellt sie triumphierend fest. „Die stören sich nicht an mir!“ Zufrieden setzt sie sich wieder an das Fenster und plappert weiter.

Die Oma seufzt und denkt: „Lang dauert es ja auch nicht mehr, bis wir an unserem Bahnhof sind.“ Und sie weiß genau, dass alle im Zug immer wieder zu ihnen geschaut haben. Mal belustigt, mal genervt. Ja ,man kann hinschauen, ohne bemerkt zu werden. Man kann so tun, als sähe man nichts. Das weiß die Oma.

Es sind einige Tage vergangen. Nele ist zu Hause bei der Mama in der Küche. Da fällt ihr zufällig – sie weiß gar nicht, wie sie darauf kommt – wieder der Neujahrsmorgen 2022 ein. Wie hieß dieses Wort noch mal? Nele denkt nach. Sie muss sich ordentlich anstrengen. Jetzt hat sie das Wort gefunden: Jahreslosung! Genau so hat das geheißen.

„Mama“, fängt sie an. „Mama, gibt es zum neuen Jahr wieder eine neue Jahreslosung?“, fragt sie.

Die Mama schaut auf und nickt: „Natürlich! Es gibt jedes Jahr eine neue Jahreslosung!“, versichert sie Nele.

„Weißt du die neue Jahreslosung schon, Mama?“

Die Mama muss ein wenig nachdenken, doch dann fällt es ihr ein. „Ja, weiß ich. Hör zu: ‚Du bist ein Gott, der mich sieht!‘“, sagt sie dann.

Nele denkt nach. Ein Gott, der mich sieht? „Also Mama, so was Besonderes ist dieser Satz nicht“, stellt sie dann fest. „Die Oma sagt immer: ‚Der liebe Gott sieht alles‘“, ergänzt Nele dann noch.

Mama seufzt. Den Satz kennt sie gut. Eine Kindheit lang hat sie dieser Satz begleitet. Das fand sie oft einfach blöd.

„Nein, Nele, so ist der Satz der Jahreslosung nicht gemein. Er ist mehr so gemeint: Da ist ein Gott, der mich ansieht. Der sieht, wie es mir geht. Der sieht, was ich brauche. Der mich versteht.“

Nele denkt nach.

„Ein Gott, der mich genau anschaut. Der mich und meinen Kummer und meine Freude kennt und mich begleitet“, redet die Mama weiter.

„Da gibt es auch eine biblische Geschichte dazu. Sie ist aus der Abrahams Erzählung. Es geht um Hagar, sie ist Dienerin von Sara, der Frau von Abraham. Sara ist schon alt. Sie hat keine Kinder. Darüber ist sie sehr traurig. Hagar wird schwanger. Da ist Sara neidisch. Sehr neidisch. Sie ärgert, wo es nur geht, Hagar. Und Hagar ist stolz darauf schwanger zu sein und lässt keinen Moment vergehen, um nicht Sara zu zeigen: ‚schau her, ich bin schwanger, du nicht‘“, erzählt die Mama.

Mama holt Luft und setzt sich jetzt zur Nele an den Tisch. „Und eines Tages ist das Hagar alles zu viel. Die schlechte Stimmung bei Sara, der Neid, die Gedanken über ihre Zukunft in der Sippe von Abraham. Da packt sie ihre paar Habseligkeiten ein und verschwindet. Das war keine gute Idee. Da wo die Zelte der Sippe Abrahams standen, war außen herum nur Wüste. Hitze am Tag und Kälte in der Nacht. Hagar machte sich tapfer auf den Weg. Bis zu einer Wasserquelle in der Wüste kam sie. Dann war sie völlig erschöpft und legte sich nieder, um auszuruhen. Da spricht sie jemand an. – Ein Engel - ! ‚Wo kommst du her? Wo gehst du hin?‘ Fragt er Hagar. Die antwortet ihm: ‚Ich bin auf der Flucht vor meiner Herrin, Sara.‘ Da sagt der Engel Gottes: ‚Kehre zu Sara zurück und ordne dich unter!‘ Und sagt er weiter: ‚Das Kind, mit dem du schwanger bist, wird einmal viele Nachkommen haben. Gibt ihm den Namen Ismael.‘ Dann war der Besuch vom Engel an der Wasserstelle in der Wüste bei Hagar vorbei. Hagar hat sich aufgerichtet und das Erlebte durch den Kopf gehen lassen. Und dann hat sie gesagt: ‚Du bist ein Gott, der mich sieht.‘ Sie weiß, dass Gott ihr Leben kennt, dass er wohl einen Plan für sie hat, dass sie ihm nicht egal ist.“

Mutter hat aufgehört zu erzählen.

Nele denkt nach, und denkt nach. „Also blöd ist es schon, dass Hagar wieder zurück zur Sara und der Sippe von Abraham muss, oder?“ „Sicher ist das nicht leicht. Doch schwanger mit einem Kind, alleine in der Wüste ist wahrscheinlich tödlich. Das will Gott verhindern, weil ihm ist es ja nicht egal, was mit Hagar ist“, gibt Mutter zu bedenken.

„Du bist ein Gott, der mich sieht!“, wiederholt Nele langsam.

„Als ich neulich mit der Oma im Zug saß und laut erzählt habe, was ich alles da draußen sehe, da hat die Oma gesagt, die Leute schauen schon nach uns. Und ich habe mich umgeschaut und habe niemanden gesehen, der nach uns geschaut hat. Doch ich bin mir sicher, dass sie nach uns geschaut haben. Die haben so getan, als würden sie uns nicht sehen. Gott macht es bei Hagar anders. Er sieht sie und macht was. Er schickt einen Engel, der für ihn mit Hagar redet. Er schaut wirklich hin.“

Nele nickt zufrieden. So versteht sie die Geschichte ganz gut.

Gott schaut nach den Menschen, es ist ihm nicht egal, was los ist, und immer wieder greift er ein, um was zum Guten zu wenden.

Und nächste Woche erzählt euch Nele, wie es ist, mit den Sternsingern unterwegs zu sein.

 1. Mose 16,13

31.12.2022

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Nele zieht mit den Sternsingern von Haus zu Haus und bringt den Segen.

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Erfolgloser Besuch am Königshof in Jerusalem. Der Stern steht über dem Stall in Bethlehem. Da ist das königliche Kind geboren.