Da muss Aram den Kopf schütteln: Jesus wünscht sich vom reichen Mann, dass er alles verkauft.

Ich bin Aram, ein Töpfer. Ich komme viel herum. Zu Hause töpfere ich meine Teller und Krüge und Öllampen und dann, wenn sie gut getrocknet sind, dann packe ich sie vorsichtig ein und mache mich mit meinem Esel auf den Weg. Ich gehe zu den Märkten in den Nachbarorten; mal auch weiter weg. Ganz wie mir der Sinn steht. Manchmal bin ich eine ganze Woche nicht zu Hause.

Wenn ich da so unterwegs bin, dann rede ich mit vielen Menschen und höre und sehe viel. In den letzten Wochen ist mir eine Gruppe besonders aufgefallen. Jesus aus Nazareth und seine Freunde und Freundinnen. Die habe ich immer wieder getroffen. Und wenn die Gelegenheit dazu war, habe ich diesem Jesus zugehört. Er erzählt ja gerne über Gott und die Welt und wie das alles so von Gott gewollt ist. Und wie die Menschen sein sollten. Meistens sind spannende Gedanken dabei. Und wenn ich abends so auf meinem Reiselager liege und noch über den Tag nachdenke, da ist es oft so, dass meine Gedanken bei Sätzen von Jesus hängen bleiben.

Ja und jetzt bin ich auf dem Rückweg, zurück zu meiner Töpferwerkstatt, denn alles Gefäße sind verkauft. Und da treffe ich Jesus und seine Freundesgruppe wieder. Ich habe nicht mehr lange heim. Die Sonne braucht noch eine Weile, bis sie untergeht, sodass ich noch locker vor Sonnenuntergang heimkomme, auch wenn ich jetzt noch eine Weile stehen bleibe und zuhöre.

So mache ich das dann.

Wie immer sind sofort einige Menschen um Jesus versammelt. Manche hören nur zu, manche habe Fragen. Jesus hat sich hingesetzt und beantwortet die Fragen.

Da kommt einer angelaufen. Man sieht ihm an, er hat was auf dem Herzen. Und man sieht ihm an, er ist reich. Das Gewand ist etwas Besonderes. Solche Schuhe habe ich auch noch nicht gesehen. Und Schmuck trägt er auch. Ein reicher Mann.

Abgehetzt und atemlos fängt er an zu reden: „Jesus von Nazareth, was kann ich tun, um das ewige Leben zu bekommen?“

Jesus schaut ihn aufmerksam an: „Ich denke, du kennst die Gebote, die uns Gott gegeben hat: ‚Achte das Leben. Achte die Wahrheit. Achte das Hab und Gut der anderen.‘ Du kennst das sicherlich alles.“

Der reiche Mann nickt: „Klar kenne ich die Gebote. Ich habe sie als Kind gelernt und halte mich bis heute daran. Das alles tue ich.“

Jesus nickt auch. „Habe ich mir gedacht“, sagt er. „Na, dann tue den letzten Schritt: ‚verkaufe alles, was du hast! Und schenke das Geld denen, die es dringend brauchen!‘“

Ich halte die Luft an. Habe ich das gerade richtig gehört. Jesus sagt dem reichen Mann, der soll alles verkaufen?

Ich schaue den reichen Mann an und höre Jesus weiterreden: „So wirst du einen Schatz im Himmel haben und dann komm und werde mein Freund!“

Das Gesicht des Mannes wird von Wort zu Wort immer farbloser und trauriger. Er schüttelt den Kopf. Mühsam erhebt er sich, er hatte bei Jesus Platz genommen. Auf wackeligen Beinen steht er da und schleicht davon. Das kann er nicht, alles verkaufen und verschenken.

Jesus schaut ihm traurig und mitfühlend hinterher. Scheinbar hätte er ihn gerne mit in seiner Freundesgruppe gehabt.

Alle schweigen. Es ist still um Jesus.

Da fängt Jesus wieder an zu reden: „Ja, es ist schwer für Menschen, die viel besitzen. So viel steht zwischen ihnen und dem Reich Gottes. Ihr müsst euch das so vorstellen: ‚Leichter kommt ein Kamel durch dein Nadelöhr als ein Reicher in das Reich Gottes.‘“

Ich stelle mir das gerade vor, wie ein Kamel durch ein Nadelöhr schlüpft und muss schmunzeln. Zu witzig, das geht nicht.

Das redet auf einmal die Menschen durcheinander: „Wie soll das gehen?“ „Kann da überhaupt jemand in das Reich Gottes kommen?“ „Wieso ist das alles so schwer?“

Jesus hört sich das alles an, dann sagt er: "Was für Menschen unmöglich ist, ist für Gott möglich!“

Ein intensives Gespräch schließt sich an. Auch die Freunde und Freundinnen von Jesus reden eifrig mit.

Und ich? Ich muss mich jetzt auf den Heimweg machen. Sonst komme ich doch noch in die Dunkelheit.

Nachzudenken habe ich viel. Auch als ich zu Hause auf meinem Schlaflager liege, denke ich immer noch über den reichen Mann und das Kamel und das Nadelöhr nach. Was Jesus da will und erzählt, ist doch unmöglich. Es ist zum Kopfschütteln.

Und doch, es lässt mich nicht los. Auch in den nächsten Tagen sind mir die Gedanken immer wieder im Kopf. Und langsam ist es nicht mehr so unmöglich, was da Jesu sagt. Ist es nicht so, dass wir alle immer wieder was aufgeben, weil uns was anders wichtiger ist? Wenn ich das richtig verstanden habe, dann haben die Fischer, Simon, Andres, Jakobus doch auch viel aufgeben, um mit Jesus mitzugehen: ihren Beruf, ihre Freunde, ihre Frauen, ihre Familien, ihre wirtschaftliche Sicherheit. Jesus war ihnen wichtiger als all das andere. Sie waren so frei und konnten sich so entscheiden. Und so wie ich sie erlebe, ist es, so wie es ist, gut für sie. Und ist es mit mir nicht so ähnlich. Meine Eltern hätten sich gewünscht, dass ich hier die Töpferei ausbaue und schön hier zu Hause arbeitet und die Menschen zu mir kommen. Mit gefällt es besser, wenn ich immer wieder auf Reisen bin und fremde Menschen treffe. Ich habe mich so entschieden und dabei natürlich auch auf einiges verzichtet, so sehe ich meine Freunde nicht regelmäßig. Und nicht alles auf meinen Reisen ist gut und schön, wenn ich da nur an manchen Dreck in den Herbergen, in denen ich übernachte, denke.

Jeder und jede ist immer wieder an einer Stelle, wo er entscheiden kann: Das will ich, das ist mir wichtig und ich kann dann auf was anderes verzichten. Doch zuerst muss man wissen, was einem wirklich am wichtigsten ist. Der reiche Mann konnte das noch nicht. 

Und nächst Woche muss Aram erst mal wieder den Kopf schütteln über diesen Jesus; und dann lange nachdenken.

Lk 18, 18-27

14.1.2023

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Aram hat viel zu denken. Jesus sagt: “Liebt eure Feinde!” Wie soll das mit Arams unmöglichen Nachbarn gehen?

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