Lea, ein Hirtenmädchen, erzählt von dem Leben auf den Feldern bei Bethlehem

Lea ist ein kleines Hirtenmädchen. Sie lebt mit ihren Eltern und Geschwistern, den anderen Hirten und den Schafen auf den Feldern bei Bethlehem. Es ist ein schweres Leben. Sie haben kein Dach über dem Kopf, keine Hütte, kein Zelt, nur den weiten Himmel. Tagsüber ist es oft sehr warm und nachts kann es sehr kalt werden. Nun Lea ist es nicht anders gewohnt. Sie liebt die Schafe, die Sterne am Himmel und das frische klare Wasser, dass sie aus dem Brunnen schöpfen können. Lea kennt sich aus mit Kräutern, die auf den Weiden wachsen. Sie weiß welche sie pflücken und essen kann, sie weiß, welche bei Wunden den Tieren und den Menschen helfen. Das alles hat sie von den Hirten gelernt. 

Manchmal sitzt Lea auf einem Stein und schaut in die Ferne. Dann sieht sie den Ort Bethlehem. Bethlehem ist ein kleiner Ort mit wenig Häusern und nicht zu vielen Menschen, die da wohnen. Alles ist ruhig und gleichmäßig. 

Manchmal, ganz manchmal, ist sie mit ihrer Mutter in Bethlehem, da versuchen sie getrocknete Kräuter zu verkaufen, oder mal gesponnene Schafwolle, oder ein Schaffell. Dann lassen sie die Leute aus Bethlehem ganz schön merken, dass sie was Besseres sind. Nicht so arm und dreckig, wie Hirten halt sind. Ja, manchmal werden sie auch als Diebe und Nichtsnutze beschimpft. Dann ist Lea sehr traurig und versteht die Welt nicht mehr. Sie ist keine Diebin, sie hat es sich nicht ausgesucht als Hirtenmädchen auf den Feldern bei Bethlehem leben zu müssen.

 

Wenn Lea Zeit hat in diesen Tagen, dann sitzt sie auf einem bestimmten Stein bei ihrem Feuerplatz und schaut nach Bethlehem hinüber. Da gibt es jeden Tag etwas anderes zu sehen. Im Moment kommen viele Menschen, ganze Wandergruppen nach Bethlehem. Die kommen von weit her und sind lange unterwegs. Manche haben einen Esel als Lastentier dabei, andere stützen sich auf Wanderstöcke.

Das alles hat mit dem Kaiser Augustus zu tun. Das hat Lea von den anderen gehört. Der Kaiser Augustus aus Rom, will die Leute, die in Israel leben, zählen lassen. 

Dazu muss jeder in den Ort gehen, aus dem seine Eltern und Großeltern kommen. Also müssen viele Menschen nach Bethlehem gehen und sich da melden. Lea kann es gar nicht fassen wie viele Menschen ihre Wurzeln, ihr früheres Zuhause in Bethlehem haben.

Abends, als sie am Feuer sitzen, da erkundigt sich Lea bei den anderen. „Sagt mal, habt ihr gesehen, wie viele Menschen in den letzten Tagen nach Bethlehem gewandert sind. Unsagbar viele.“

„Ja, ja,“ sagt ein Hirte, „ist mir auch schon aufgefallen. Und alles wegen dem Kaiser Augustus in Rom.“

Einer von den ältesten Hirten, er spricht schon etwas leise sagt: „Aber es ist zu erkennen, dass der Propheten Micha recht hat.“

„Wie, was ist da den zu erkennen?“, will ein anderer Hirte wissen.

„Der Prophet Micha sagt: Und du Bethlehem! Du bist klein unter den Städten in Juda.“ Der fragende Hirte holt Luft und sagt: „Also, das ist nichts Neues. Bethlehem ist klein und verschlafen, das wissen wir doch alle.“ 

Doch der alte Hirte lässt sich nicht beirren: „Ja es ist klein, doch“ – er macht eine kleine Pause – „aus dir soll der kommen, der ein Herr über Israel sein wird.“

Der andere Hirte wiederholt: „aus Bethlehem soll der kommen, der ein Herr über Israel sein wird.“ Da wird der Prophet Micha den König David gemeint haben, den großen und berühmten König David, lang ist es her, das waren damals gute Zeiten für Israel. Doch heute …“

„Nein“, sagt der alte Hirte, es wird ein neuer Herr über Israel kommen, einer der von hier ist.“

„Na, genug Leute kommen ja gerade bei uns vorbei, da kann schon einer dabei sein, der was Besonderes ist,“ sagt ein anderer Hirte. „Doch mit uns Hirten wird er nichts zu tun haben. Wir sind wie immer weit draußen, draußen vor der Stadt, weg von den anderen Menschen, wir die Hirten.“

„Lasst es gut sein Leute, mit dem Reden über einen neuen Herrn für Israel. Wir müssen für Feuer sorgen für die Nacht. Der Wolf schläft nicht. Wisst ihr noch, wer heute wann Wache halten muss? Die anderen können schlafen, bleibt in der Nähe des Feuers, heute wird es wohl kalt werden. Sind die Tiere alle beieinander? Habt ihr sie gezählt? Fehlt auch keins?“

Der Alltag hat die Hirten wieder. Egal ob Bethlehem groß oder klein ist, ein großer König von dort schon mal kam oder jetzt – vielleicht - ein neuer Herr für Israel kommt.

Lea legt sich auf ein Schaffell, rollt sich zusammen, deckt ihren Mantel über sich und wartet auf den Schlaf.

 

Als Lea am nächsten Morgen aufwacht hat sie erstmal viel zu tun. Sie muss beim Wasserschöpfen helfen und beim Getreidemahlen. Es wird Fladenbrot auf einem Stein auf dem offenen Feuer gebacken. Dazu gibt es frisches Wasser. Dann kommen die Tiere an die Reihe, auch für sie wird Wasser geschöpft. Dann werden sie ein Stück weiter weggetrieben, dass sie neue Kräuter und Äste finden, die sie fressen können. Liebevoll kümmert sich Lea danach um ein kleines Schäfchen, dass sich wohl im Dornengestrüpp verletzt hat. Sie macht ihm einen Verband aus Heilkräutern, dazu legt sie die Blätter über die Wunde und schnürt einen langen Halm darum, damit das Ganze gut hält. Als sie dann endlich mal zum Ausruhen kommt setzt sie sich wieder auf ihren Stein und schaut nach Bethlehem. Sie traut ihren Augen kaum. Noch viel mehr Menschen kommen. Es schaut fast aus wie eine Ameisenstraße, Menschen hinter Menschen. Wo die wohl heute Nacht alle schlafen, überlegt Lea. So viele Räume gibt es doch gar nicht in Bethlehem. Ob sie wohl auch unter dem Sternenhimmel schlafen müssen wie die Hirten?

Soweit für heute von Lea und den Hirten bei Bethlehem.

Und nächste Woche erzähle ich Dir von einer wundersamen Nacht bei den Hirten auf den Feldern von Bethlehem.

18.12.2021 — Micha 5,1

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Lea erlebt eine besondere Nacht auf den Feldern und im Stall bei Bethlehem (Kopie)

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