Micha hört von seinem Großvater, dass der Wolf zu Gast beim Lamm ist - wenn der Friedefürst kommt

Micha, den kennst Du ja schon, kommt weinend heimgelaufen. Seine Mutter nimmt ihn in den Arm, setzt sich mit ihm auf die Decke bei der Kochstelle und streichelt ihm gleichmäßig über den Rücken.

„Micha, was ist denn passiert, dass Du so weinen musst?“ fragt sie ihn.

„Die sind“, er schnieft, „die sind“, er schnieft nochmals, „die sind so gemein!“ Und wieder fängt er an zu weinen.

Die Mutter hat keine Ahnung was passiert sein könnte. „Komm, Micha, erzählte mal der Reihe nach,“ ermuntert sie ihn. Immer noch den Rücken streichelnd.

Micha, atmet tief durch und fängt dann stocken an: „die Kinder vom Dorf, die haben mich nicht mitspielen lassen (schnief)!“ 

„Warum denn das nicht, ihr vertragt euch doch sonst immer ganz gut?“, fragt Mutter nach.

„Ach ich weiß auch nicht, wie das kam, erst haben wir noch alle gemeinsam Verstecken gespielt. Ich hatte mich sehr gut versteckt und keiner hat mich gefunden. Die haben gerufen und gesucht und ich habe mich mucks Mäuschen still verhalten. Und als ich dann doch aus dem Versteck kam, da haben sie mich beschimpft, ich wäre ein Spielverderber, ein alter Angeber, der nicht aus dem Versteck käme, so ein Spiel sei langweilig und ich solle heimgehen und in der Küche helfen. Dabei“, Micha schnieft wieder, „hatte ich doch gewonnen. Ich hatte das beste Versteck! Aber sie haben mich weggeschubst, einer hat sogar einen Stein nach mir geschmissen; ganz knapp an mir vorbei. Die sind so gemein!“ 

Micha ist wütend und traurig. Nicht dabei zu sein ist schlimm. Streit mag er nicht. Er will sich doch vertragen. Was hat er denn falsch gemacht? Er versteht die Welt nicht mehr.

Mutter sieht den Kummer von Micha uns sagt: „Mir in der Küche wirst du jetzt sicherlich nicht helfen wollen, aber der Großvater kann deine Hilfe bei den Olivenbäumen sicherlich gebrauchen können. Du bist ja schon groß und stark und kennst dich aus. Komm wir schauen mal, wo er ist. Mutter nimmt Ada auf den Arm und gemeinsam gehen sie zu den Olivenbäumen.

Bald haben sie den Großvater gefunden. 

„Schau mal, wen ich dir da bringe! Micha braucht eine wichtige Aufgabe bei dir und den Olivenbäumen, er hat sich mächtig über die Kinder im Dorf geärgert!“

Der Großvater schaut den verweinten Micha an und legt ihm die Hand auf den Kopf: „Oje! Gut, dass du kommst. Dahinten müssen wir ein paar Äste absägen, dass wieder Luft und Licht zwischen die Zweige kommt. Da bist du mir eine Hilfe!“

Mutter lässt Micha beim Großvater und geht mit Ada zurück ins Haus.

Zunächst arbeiten Micha und Großvater gemeinsam an den Olivenbäumen. 

Dann sagt der Opa: „Micha, ob du es glaubst oder nicht, ich brauche eine Pause. Ich bin ja nicht mehr der Jüngste. Lass uns zu ‚unseren‘ Olivenbaum gehen und uns in den Schatten setzten.“

So machen sie das dann. Opa hat einen Wasserschlauch dabei und beide nehmen erstmal einen kräftigen Schluck, lehnen sich an den alten Baumstamm und schauen vor sich hin.

„Was war den los vorhin im Dorf?“, fragt Großvater vorsichtig. „Ach, die sind blöd! Ich hatte so ein gutes Versteck und die haben mich nicht gefunden. Und als ich dann endlich rauskam waren sie sauer auf mich, statt mich zu loben, wie toll ich mich versteckt habe. Sie haben gesagt, sie wollen nicht, dass ich noch weiter mitspiele, sie haben mich weggeschubst, einer hat sogar einen Stein nach mir geworfen, blöde Worte haben sie hinter mir hergerufen. Ich habe mich so geärgert. Sie haben mir nicht mal zugehört. Dabei finde ich Streiten blöd!“

Micha sackt wieder in sich zusammen und kämpft mit den Tränen.

„Ja, streiten ist wirklich blöd!“, sagt der Opa, doch manchmal fällt einen nicht gleich was besseres ein.“ Der Opa seufzt: „Immer wieder ist das Leben schwierig, Micha“.

„Opa“, Michas Gesicht leuchtet auf, „Opa, weiß denn dein Prophet Jesaja nichts zum Thema Streit?“

Micha und der Opa hatten in den letzten Tagen immer wieder über den Propheten Jesaja nachgedacht, der erzählt, dass Gott in die dunklen Zeiten in großes Licht senden wird und es Freude geben wird wie bei der Ernte. Und von dem Kind, das Gott schicken wird, das Kind, das Frieden schafft.

„Wenn Gott den Friedefürst schickt, der mächtig wie Gott ist, dann ist er wohl auch gegen den Streit. Und er hat auch Ideen“, so denke ich mir das sagt der Opa. Aber ob der Jesaja noch mehr zum Frieden gesagt hat, da muss ich nachdenken. Wenn mir was einfällt, bist du der erste, dem ich das erzähle.“

Opa und Micha beenden die Pause. Micha geht heim zur Mutter und Großvater arbeitet weiter bei den Olivenbäumen.

Abends, gleich nach dem Essen, winkt der Großvater den Micha zu sich. „Mir ist was eingefallen, willst du es wissen? dann komm zu unserem Baum.“

Das lässt sich Micha nicht zweimal sagen. Er rennt zum Baum und setzt sich schon mal hin. Der Großvater komm hinterher und setzt sich dazu.

„Gell, wieder was vom Propheten Jesaja, Opa?“ Micha ist schon ganz gespannt. 

„Ja, ja!“, Großvater nickt.

„Sag mal Micha, du kennst doch den alten Schäfer da draußen bei der Weide?“ Micha nickt, natürlich kennt er den. „Weißt du, was der Schäfer von Wölfen erzählt?“, frag der Großvater weiter. „Natürlich weiß ich, was der Schäfer von Wölfen erzählt!“, Micha ist etwas ungeduldig. Was soll der Schäfer jetzt.

„Was?“, will der Großvater wissen.

„Also Wölfe mag der Schäfer nicht, er tut alles, dass die Wölfe nicht nahe an seine Schafe kommen. Er macht nachts Feuer, er kann mit der Steinschleuder gut umgehen um sie zu treffen und zu verjagen.“ Großvater nickt: „So ist es! Und warum kann der Schäfer keine Wölfe leiden?“

Nun ist die Ungeduld von Micha noch mehr gewachsen: „Opa, weil Wölfe Schafe fressen, deshalb!“

„Genau, genau!“, wieder nickt der Großvater.

„Und jetzt höre, was der Prophet Jesaja sagt:

Wenn der Friedefürst regiert, dann wird der Wolf zu Gast beim Lamm sein!“

Micha macht ganz große Augen. „Ein ausgewachsener Wolf zu Besuch bei einem kleinen Schäfchen? Das geht nicht, das ist viel zu gefährlich, Opa! Nein!“

„Doch“, beharrt der Großvater, „so hat es der Prophet Jesaja geschrieben. Und er hat noch viel mehr gesagt. 

Der Wolf zu Gast beim Lamm,

Kuh und Löwe werden miteinander weiden und ein kleiner Junge wird ihr Hirte sein.“

„Du meinst“, Micha atmet tief durch, „Der Löwe wird die Kuh nicht fressen und dem kleinen Hüte-Jungen nichts tun, so wie der Wolf das Lamm in Ruhe lässt?“ 

„So sagt es der Prophet, so wird es sein, wenn das Licht im Dunkeln leuchtet und der Friedefürst kommt und wir uns freuen wie bei der Ernte!“ Der Großvater steht auf. „Komm Micha es ist Zeit zum Schlafen.“

Heute liegt Micha noch lange wach auf seiner Schlafdecke. Der Streit heute morgen mit den Freunden aus dem Dorf und heute Abend der Wolf, der beim Lamm zu Gast ist, wenn der Friedefürst da ist. Da gibt es viel zu denken.

 

Soweit für heute, und nächste Woche erzähle ich Dir von einem Hirtenmädchen bei Bethlehem.

10.12.2021 — Jesaja 11,6

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Lea, ein Hirtenmädchen, erzählt von dem Leben auf den Feldern bei Bethlehem

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Micha und Opa entdecken was Neues bei Jesaja