Effata! - Öffne dich! Ein Taubstummer bekommt offene Ohren und kann sprechen.

Du kennst mich – Maria Magdalena – ja nun schon. Und dass ich eine Freundin von Jesus bin, weißt du auch schon. Auch weißt du, dass Jesus von Ort zu Ort zieht und von Gott erzählt. Auch weißt du, dass da immer wieder viele Menschen kommen. Sie kommen mit ihren Sorgen und Nöten. Sie stellen Fragen und hoffen auf Antworten. Sie bitten um Heilung. – Naja, manchmal bitten nicht sie um Heilung, sondern ihre Freunde und Familien. So wie die vier Freunde, die den Gelähmten Jesus, durchs Hausdach hinab, mitten vor die Füße legten.

Heute kamen wieder einige Menschen, ob Freunde oder Familie konnte ich nicht so recht ausmachen, die brachten einen Kranken. Eigentlich sah er gar nicht krank aus. Er hatte eine gesunde Hautfarbe, er war kräftig und stand sicher auf seinen zwei Beinen. Was er wohl für eine Krankheit hatte. Eine Binde um die Augen, so wie sie Blinde oft tragen, hatte er auch nicht. Doch dann, als er den Mund öffnete, um was zu sagen, war es klar. Er konnte nicht ordentlich reden. Er lallte und stammelte und wurde dabei immer hektischer und aufgeregter – na klar, es konnte ihn ja niemand verstehen.

Es war ein trauriger Anblick, diese Szene.

Doch da ergriff einer aus der Gruppe, die ihn begleitete, das Wort.

„Jesus, hilf ihm! Wenn das einer kann, dann du! Du hast ja gehört, wie er redet. Kein Fremder kann ihn verstehen. Gut, wir, die wir ihn schon lange kennen, kommen manchmal dahinter, was er mein. Aber das ist schwer. Jesus, gib ihm doch die Sprache, damit er mit uns sich gut verständigen kann.“

„Und Jesus“, sprach ein anderer weiter, „du musst wissen, er kann nicht hören. Kein Wort, keinen Klang, kein Hahnenschrei, nicht die Stimme seiner Mutter. Nichts. Totenstille um ihn. Hilf ihm bitte. Lege deine Hand auf ihn, dann wird er gesund.“

Jesus ist ernst. Er spricht nicht. Der Taubstumme würde es ja auch nicht hören. Er nimmt den Mann bei den Schultern und führt ihn weg. Weg von den vielen Menschen.

Ich bin neugierig und gehe den beiden etwas nach. Nicht zu nahe, aber nahe genug, um zu sehen und zu hören, was passiert.

Dann legt er ganz vorsichtig, ja zärtlich seine Finger in die tauben Ohren des Mannes. Das Gleiche macht er mit der Zunge. Vorsichtig legt er seine Finger auf sie. Dann sagt er ein Wort: Effata!

Effata?

Das kenne ich nicht. Das muss mir jemand erklären. Doch später. Jetzt will ich sehen, was geschieht.

Dem Mann geht ein Leuchten über das Gesicht. Er dreht sich um, zu den Leuten, denn er hört ihr Gemurmel. Da hört er den Hahn schreien und dreht sich wieder um. Ja, jetzt sieht er den Hahn und hört ihn schreien. Der Mann strahlt.

Dann macht er den Mund auf. „Hahn“, sagt er, klar und verständlich und zeigt zum Hahn. Dann dreht er sich wieder zum Gemurmel um. „Freunde“, sagt er und zeigt auf die Menschen.

Die Freunde kommen jetzt näher. Sie umringen ihren Freund, alle wollen gleichzeitig mit ihm reden. „Hörst du uns?“ „Ruf deine Mutter, die wird sich freuen, dass sie deine Stimme endlich klar hören kann, und Mutter hast du auch noch nie zu ihr gesagt.“ „Komm, Freund, das müssen wir feiern!“ Und ein anderer ruft: „Lasst es uns weitererzählen, wie sehr Jesus den Menschen hilft. Jesus kann heilen.“

Jesus hebt die Hände und wehrt ab: „Sagt es nicht weiter, bitte.“

Wie, die sollen nicht weitererzählt, wie toll Jesus diesem Mann geholfen hat? Wie er ihn geheilt hat? Das müssen die doch weitererzählen. Die sind ja so voller Freude, das sprudelt nur so aus ihnen heraus. Und wie soll der Mann, der bis gerade nicht richtig reden konnte und nichts, gar nichts gehört hat, erklären, warum er nun sprechen und hören kann? Kann ja sein, dass Jesus seine guten Gründe hat, dass man dieses Wunder nicht weitererzählen soll. Aber klappen, wird es nicht. Da bin ich mir sicher.

Später habe ich dann noch Zeit zu fragen, was ‚Effata‘ heißt.

Es klingt so ein bisschen wie ein Zauberspruch, finde ich. Man hat es mir genau erklärt. Es ist ein Wort aus dem aramäischen. Das hat Jesus als Kind wohl vor allem gesprochen. Und es heißt: „Öffne dich!“

Genau das ist geschehen. Die Ohren des taubstummen Mannes haben sich geöffnet. Und wenn er jetzt den Mund aufmacht, fließen seine Worte wie bei all den anderen gesunden Menschen auch. Er kann offen und frei sprechen.

Und ich hatte recht. Es blieb kein Geheimnis, so wie Jesus es gerne gehabt hätte, die Heilung des Taubstummen.

Als wir ins Nachbardorf kamen, wurden wir schon freudig empfangen. Und einer fasste es mit einem Spruch aus dem Propheten Jesaja kurz und knapp zusammen.

 „Er – Jesus – hat alles wohl gemacht; die Tauben macht er hören und die Sprachlosen reden.“

Ja, überall wurde es weitererzählt. Nicht nur diese Geschichte. Auch die vom Gelähmten, oder die von der Segnung der Kinder, von der Stillung des Sturmes und von der Speisung der 5000 Menschen. Und: die Sündenvergebung beim Gelähmten auch. 

Nicht alles Menschen konnten sich darüber freuen. 

Manche waren ärgerlich und neidisch. 

Andere waren durcheinander, da sie sowas noch nie erlebt hatten. 

Doch die, die von sich behaupteten, dass sie Gotteswort sehr gut kennen, die waren aufgebracht. Jesus brachte ihre feststehenden Gedanken durcheinander. „Nur Gott, kann die Schuld vergeben!“ Wenn einer von Geburt an nicht hören und sprechen kann, dann ist das von Gott so gewollt. Das muss der Mensch durchstehen".

Diese Menschen, oft nannte man sie einfach nur die Schriftgelehrten, konnten sich nicht mit den geheilten Menschen freuen. 

Sie waren sehr ärgerlich, dass ihre Jahrhunderte alte Sicht der Dinge durch Jesus durcheinandergebracht wurde.

Manchmal fingen sie mit Jesus eine Diskussion an. Sie wollten ihm belegen, dass er falsch handelte. Doch es gelang ihnen nicht. Das machte ihren Ärger nur noch größer. 

Und nächste Woche erlebt Maria Magdalena noch ein Wunder mit Jesus.

 Mk 7, 31-37

26.3.2022

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Maria Magdalena staunt: Gott ist stärker als der Tod.

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Vier Freunde voller Gottvertrauen und zwei Wunder